Zeugenbeistand

Jeder Zeuge darf einen Anwalt als Beistand mitnehmen!

Jeder zur Vernehmung in einer strafgerichtlichen Hauptverhandlung geladene Zeuge kann sich gem. § 68b StPO (Strafprozessordnung) eines Rechtsanwaltes als Zeugenbeistand bedienen.
Einem zur Vernehmung des Zeugen erschienenen Rechtsanwalt als zeugenbeistand ist vom Gericht die Anwesenheit in unmittelbarer Nähe des Zeugen zu gestatten.

Gerade in Betäubungsmittelverfahren sie es dem „nahe an der Tat segelnden“ Zeugen, dem wegen dieser Tatnähe ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO zusteht, dringend geraten, nur mit einem im Betäubungsmittelstrafrecht kompetenten Anwalt bei Gericht zu erscheinen, ehe er sich um Kopf um Kragen redet!

Kein Zeuge ist nämlich in der Lage, in der Situation vor Gericht verlässlich zu entscheiden, ob ihn die Beantwortung einer Frage der Gefahr aussetzt, selbst mit einem Strafverfahren überzogen zu werden. Zudem werden Staatsanwaltschaft und Gericht ihre Fragen an den Zeugen, der anwaltlichen Beistand hat, wesentlich vorsichtiger und zurückhaltender stellen.
Wenn es in der Hauptverhandlung richtig heiß her geht, das Gericht also der Auffassung ist, der Zeuge müsse eine Frage beantworten, der Zeuge ist aber davon überzeugt, dass er bei wahrheitsgemäßer Antwort selbst strafrechtlich verfolgt wird, die Antwort verweigert und daher Beugehaft verhängt wird, ist ein erfahrener Verteidiger, der dem Gericht eine Strafanzeige wegen Nötigung oder gar Aussageerpressung ankündigt, zwingend notwendig.

Welche Aufgaben hat der Rechtsanwalt als Zeugenbeistand?

Zunächst verschafft er sich einen Überblick über Konfliktpotenzial und Risiken für seinen Mandanten.
Der Zeuge wird über den Gang der Verhandlung, seine Pflichten und Rechte, die praktische Durchführung der Befragung durch den Vorsitzenden Richter, den Staatsanwalt und den Verteidiger des Angeklagten, die Kriterien zulässiger und unzulässiger Fragen und Vorhalte eingehend informiert.

Droht dem Zeugen, der in die angeklagte Tat irgendwie verwickelt ist, selbst die Strafverfolgung durch seine Aussage, muss er wie ein Beschuldigter intensiv auf seine Vernehmung vorbereitet werden.

Der Zeugenbeistand darf den Zeugen nicht bei der Aussage vertreten.
Der Zeugenbeistand hat auch keine selbstständigen Antragsrechte, er darf aber selbstverständlich Anträge, Erklärungen und Begründungen für den Zeugen anbringen, etwa die Art der Vernehmung (zB einen Verstoß gegen die §§ 58, 68 a oder 69 StPO) oder die Nichtanerkennung eines Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrechts förmlich beanstanden.
Einer entsprechenden Verfügung des Vorsitzenden kann der Zeugenbeistand mit einem Antrag auf einen Gerichtsbeschluss gem. § 238 Abs. 2 StPO begegnen. Ergibt sich im Zuge der Vernehmung die Notwendigkeit einer ausführlicheren Beratung, kann der Zeugenbeistand eine kurze Unterbrechung beantragen, dem das vor dem Hintergrund seiner Fürsorgepflicht stattzugeben hat, falls eine Verständigung zwischen dem Zeugenbeistand und dem Zeugen durch kurzes Flüstern nicht ausreicht.

Es ist in der Praxis längst zur Normalität geworden, wenn ein Rechtsanwalt einen Zeugen zur Vernehmung begleitet so dass die Anwesenheit eines Zeugenbeistands von den Gerichten in aller Regel auch nicht mehr per se mit Argwohn betrachtet wird.