Betrieb einer Cannabisplantage

Prohibition von Cannabis

Durch nichts ist der Aufbau mafiöser Strukturen und damit das “Verbrechen“ schlechthin so befördert worden wie durch die Prohibition von Drogen – ob nun in den 1920er Jahren durch das Alkoholverbot in den USA oder seit den 1950er Jahren durch das Verbot aller möglicher als Drogen bezeichneter Substanzen in Europa.

In Deutschland konsumieren drei Millionen Menschen regelmäßig Cannabis: Haschisch, Marihuana, usw. Schätzungsweise ein halbes Prozent – 15.000 – ist „sozial auffällig“ und hat das eigene Leben nicht im Griff.

9,5 Mio. Menschen in Deutschland konsumieren Alkohol in gesundheitlich riskanter Form. Etwa 1,3 Mio. Menschen gelten als alkoholabhängig. Jedes Jahr sterben in Deutschland rund 20.000 Menschen an den direkten und indirekten Folgen ihres Alkoholmissbrauchs. Die volkswirtschaftlichen Kosten belaufen sich auf 26,7 Milliarden Euro, davon sind allein 7,4 Milliarden direkte Kosten für das Gesundheitssystem.

Nichtsdestotrotz ist laut §§ 29, 29a BtMG der Anbau und die Herstellung von Cannabis verboten, der Anbau von Gerste, Weizen, Hopfen, Weintrauben aber nicht. In jedem größeren Dorf auf dem Lande gibt es eine Schnapsbrennerei, wo Sie Ihre Apfel-, Birnen-, Kirsch-, Pflaumenernte zu Hochprozentigem verdichten lassen können, damit sie sich länger hält.

Diese 26,7 Milliarden Euro zahlen auch diejenigen mit, die keinen Alkohol trinken, sondern Cannabis konsumieren und keine Gesundheitskosten verursachen.  „Solidargemeinschaft“ heißt das dann in der Christlich Demokratischen Union und der Sozialdemokratischen Partei.

Was ist noch erlaubt, was ist schon strafbar im Hinblick auf den Betrieb einer Cannabis-Plantage?

Als straflose Vorbereitungshandlungen werden vom Bundesgerichtshof gewertet

  1. die Vorbereitung des Bodens zur Aussaat,
  2. Pflügen, Unkrautjäten,
  3. Ankauf der Ausrüstung zum Betrieb einer Cannabisplantage,
  4. Anmieten eines Hauses oder einer Wohnung zum Betrieb einer Plantage,
  5. Herbeischaffen und Beginn der Installation der Gerätschaften.

Der Versuch des Anbaus von Betäubungsmitteln, strafbar bei der geringen Menge (nach dem Tatplan) nach § 29 Abs. 1  Nr. 1, Absatz 2 BtMG, bei der nicht geringen Menge nach § 29a BtMG, beginnt mit dem „unmittelbaren Ansetzen zur Aussaat“, also dem Heranschaffen der Samen oder Setzlinge zur vorbereiteten Erde.

Das Einbringen des Samens in die Erde ist dann schon (vollendeter) Anbau, also kein Versuch mehr; es kommt für die Strafbarkeit wegen Anbaus von Cannabis nicht darauf an, ob es tatsächlich gelingt, Wirkstoff heranzuziehen und zu ernten.

Sobald im Laufe des Wachstums der Pflanzen THC gebildet wird, ist derjenige, der sich dem göttlichen Gebot folgend die Erde Untertan machte, nach dem irdischem Recht heuchlerischer Christen wegen des Besitzes von Betäubungsmitteln strafbar.

Das Abschneiden der Blüten und deren Trocknung werden als Herstellung von Betäubungsmitteln  bestraft.

Wie beim Besitz von Cannabis schließen auch bei dessen Anbau einige fehlinformierte Gerichte schlicht von der angebauten Menge auf ein Handeltreiben, siehe hierzu die Ausführungen zur Ungleichbehandlung von Bier- und Cannabisvorrat.

Ermittlungstaktisches zum Ausheben einer Cannabis-Plantage

Zur Entdeckung von Indoor-Anlagen kommt es durch Schäden an der Bewässerungsanlage, an den Schäden der Stromversorgung in Form von Kabelbränden. In diesen Fällen stößt die – rechtmäßig eintretende Feuerwehr, der beim Betreten der Wohnung durch Notstand gerechtfertige Hausmeister die Polizei, die dann ein Ermittlungsverfahren wegen des Anbaus einer Cannabisplantage einleitet.

Angriffspunkte für die Verteidigung dagegen bieten Konstellationen, in denen der Nachbar ein ihm auffällige Wohnung beschreibt, die Polizei erscheint und verschafft sich wegen des „strengen Geruchs“ ohne richterlichen Durchsuchungsbeschluss Zutritt zur Wohnung.

Dann hat der Verteidiger darauf zu pochen, dass die Durchsuchung rechtswidrig erfolgte und die Verwertbarkeit sämtlicher Durchsuchungsergebnisse in Frage zu stellen. Das oft gebrauchte Argument der Polizei, ein Zugriff sei nach Polzierecht zum Zwecke der Gefahrenabwehr (bei dem sie eben keinen Durchsuchungsbeschluss braucht) erfolgt und gerechtfertigt, beeindruckt spätestens das Landgericht nicht mehr, da es sich inzwischen – wenn auch noch nicht bei jedem Amtsrichter – herumgesprochen hat, dass die Abluft einer Cannabisplantage zwar eine Reihe ätherischer Öle enthält, indessen keine psychotrop wirkenden Substanzen und erst recht kein THC.

Das in diesem Zusammenhang ebenfalls seitens der Ermittlungsbehörden bemühte Argument, bei dem Betrieb einer Cannabisplantage handele es sich um keine Wohnung mehr, so dass Art. 13 des Grundgesetzes, der die Wohnung grundrechtlich schützt, gar nicht greife, und insoweit aus dessen nicht vorhandener Verletzung auch kein Verwertungsverbot bezüglich der Untersuchungsergebnisse hergeleitet werden könne, gilt für zum Wohnen geeignete Räume nicht, allenfalls für Fabrikhallen oder ähnliche Gebäude, die also von vorneherein nicht zu Wohnzwecken dienen konnten.

Fehlerquellen bei der Hochrechnung der THC-Erträge durch die Staatsanwaltschaft

1. Beprobung

Die Projektgruppe „Probengewinnung“ der kriminaltechnischen Einrichtungen des Bundes und der Länder haben einen eigenen Probenahmeplan für Cannabisplantagen entwickelt, der zunächst einmal die vollständige und richtige Protokollierung des Datums der Probennahme, der Größe der Plantage in Quadratmetern, der Gesamtanzahl der Pflanzen, deren Wachstumsstadium (Steckling [bis 15 cm], heranwachsende Pflanzen, Pflanze in der Blühphase), der Höhe der Pflanzen in cm sowie der Anzahl der entnommen Pflanzen voraussetzt. Im Chaos der Durchsuchung entstehen oft schon bei diesem simplen Schritt zahlreiche Fehler.

Nach dem Probenahmeplan werden aus allen Bereichen einer entdeckten Cannabiszucht Pflanzen entnommen in der Weise, dass die Probenentnahme entlang einer gedachten Diagonalen quer durch die zu beprobende Anbaufläche in regelmäßigen Abständen erfolgt; die Pflanzen sind unmittelbar über dem Wurzelbereich abzuschneiden. Die Pflanzen werden getrocknet und entstengelt, der entstengelte Anteil wird zur Untersuchung an den Sachverständigen übergeben.

2. Ermittlung des mutmaßlichen THC-Gehaltes

In polizeilichen Veröffentlichungen werden die Erträge pro Pflanze mit 25  bis 40 Gramm  angegeben, während anlässlich von Ermittlungsverfahren erstellte Gutachten von 5 bis 10 Gramm pro Pflanze ermittelten.

Unklar ist dabei, ob die Ermittlungsbehörden das gesamte auch TCH-haltige Blatt- sowie das Blütenmaterial verwerten, während ein Konsument lediglich das reine Blütenmaterial verwendet. Wenn die sichergestellten Pflanzen noch nicht in einem erntereifen Zustand sind, schätzen nicht sachverständige Polizeibeamte den Ertrag in aller Regel zu hoch, so dass die staatsanwaltliche Anklage diese zu hoch angesetzte Schätzung oft blindlings und ohne jeden Sicherheitsabschlag übernimmt.

Hier ist es Sache des Verteidigers, eine eigene Schätzung vorzulegen, die es dem Gericht unmöglich macht, will es eine Aufhebung seines Urteils in der Revisionsinstanz vermeiden, die zu hohe polizeiliche Schätzung einem Urteil  zu Grunde zu legen.

3. Fehler bei der Hochrechnung der Anbaukapazität

Eine Hanfpflanze braucht bis zur Erntereife drei bis vier Monate, falls die Setzlinge selbst gezogen werden, fünf Monate; die Ernte- bzw. Trocknungsphase dauert weitere zwei Wochen. Basieren nun  die Anklagevorwürfe der Staatsanwaltschaft auf solchen Berechnungen, liegt bereits ein Fehler darin, dass nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass jeweils sofort im Anschluss an eine Ernte sogleich die nächste angesetzt wurde. Ferner werden regelmäßig auftretende technische Probleme oder eine ebenfalls nicht selten anzutreffende falsche Handhabung durch zu lange oder zu kurze Belichtungszeiten, falsche Bewässerung bei dieser Hochrechnung nicht berücksichtigt, obgleich manche Anwendungsfehler zu einem kompletten Ernteausfall führen können, indem beispielsweise falsche Belichtungszeiten eine Blüte der Cannabispflanzen verhindert.

Ein weiterer, häufig anzutreffender Fehler ist eine Hochrechnung des Stromverbrauchs in der Weise, dass sämtlicher verbrauchter Strom der Einfachheit halber der Aufzucht der Pflanzen zugerechnet wird, weil anlässlich der Wohnungsdurchsuchung von den Polizeibeamten versäumt wurde, die am selben Anschluss hängenden Stromverbraucher zu dokumentieren.

Als Monokultur sind Cannabisplantagen äußerst anfällig für Schädlinge, so dass der Ernteertrag bei Schädlingsbefall ganz erheblich geschmälert werden kann. Häufig anzutreffende, erntemindernde Schädlinge sind Blattläuse, Mehltau, Schimmel, Spinnmilben, Thripse, Trauermücken, Weiße Fliegen.

Gelingt es dem Verteidiger, die Möglichkeit eines – bei der Durchsuchung selten dokumentierten – Schädlingsbefalls so schlüssig darzulegen, dass das Gericht ihn nicht mit der nötigen Sicherheit zu widerlegen vermag, so sind von der Hochrechnung der Staatsanwaltschaft ganz erhebliche Abschläge vorzunehmen, die im Zweifelsfall über die Bewährungsfähigkeit einer Freiheitsstrafe entscheiden können.

Der Verteidiger hat zu überprüfen, ob mit der sichergestellten bzw. beschlagnahmten Ausstattung überhaupt die von der Staatsanwaltschaft der Anklageschrift zugrunde gelegten Ernteerfolge hätten bewerkstelligt werden können. Für einen Pflanzenfläche von einem bis drei Quadratmeter muss mindestens eine Hochleistungslampe von 400 Watt, für eineinhalb bis vier Quadratmeter eine solche von 600 Watt zur Verfügung gestanden haben.

Es muss im richtigen Maße mit dem richtigen Dünger gedüngt worden sind, es muss ein Gießplan eingehalten worden sein.

Die Stecklinge weisen mindestens 0,5 % THC im Blattmaterial auf, Cannabispflanzen mit Blütenansätzen mindestens 2 % THC, erntereife Pflanzen 5 % THC bei mindestens 25g konsumfähigem Material.

Gerichtsverwertbar sind nur Hochrechnungen bzgl. solcher Cannabisplantagen, deren Zuchtbedingungen bekannt sind.

4. Berücksichtigung der verwendeten Cannabisvarietät

Während nur eine Cannabisart existiert, so gibt es doch viele unterschiedliche Sorten (Varietäten), deren Ernteertrag bei ansonsten gleichen Bedingungen eben auch unterschiedlich ausfällt. Es bedarf daher der Feststellung der Sorte, soll die Hochrechnung revisionsfest sein. Kann die Sorte nicht festgestellt werden, ist wegen der Unterschiede hinsichtlich des Ernteertrages und der Erntehäufigkeit (wegen der bei den einzelnen Sorten teilweise sehr differierenden Wachtsums- und Blütephasen) nach dem Zweifelsgrundsatz von einem dem Angeklagten günstigsten Sachverhalt auszugehen.

Die Staatsanwaltschaften neigen – in Verkennung des Grundsatzes in dubio pro reo – dazu, in Fällen entdeckter Cannabis-Plantagen von Sorten mit sehr hohen Erträgen auszugehen. Dieser Annahme zu Lasten des Beschuldigten bzw. Angeklagten gilt es, sich zu widersetzen, und zwar mit Beweisanträgen auf die Feststellung einer bestimmten, von dem Mandanten benutzten Sorte, deren Ertrag geringer ist als der von der Staatsanwaltschaft zugrunde gelegte Ertrag. Es ist möglich, anhand der sog. Polymerase-Kettenreaktion die DNA von Cannabispflanzen zu differenzieren.

5. Berücksichtigung des Anteils männlicher Pflanzen und Samen

Hat der Beschuldigte die Aufzucht der Cannabispflanzen aus Samen bewerkstelligt, ist zu seinen Gunsten davon auszugehen, dass die Hälfte der Samen männlichen Geschlechts und damit für die Produktion von THC unbrauchbar ist. Auch die geschlechtsspezifische Unterscheidung von Samen oder Pflanzenteilen ist anhand der Polymerase-Kettenreaktion ebenfalls möglich, da männliche und weibliche Pflanzen spezifische Unterschiede in der Nukleotidabfolge bei der Sequenzierung des THC-Synthese-Gens aufweisen.

Lassen Sie das Ermittlungsverfahren nicht ungenutzt verstreichen!

Aus Sicht einer professionellen Verteidigung im Falle des Anbaus von Betäubungsmitteln in Form des Betriebes einer Cannabis-Plantage ist es unumgänglich, die genannten Einwände bereits im Ermittlungsverfahren gegenüber der Staatsanwaltschaft zu lancieren, da auf diese Weise nach unserer Erfahrung der Umfang einer Anklageschrift – wenn eine solche denn überhaupt vonnöten sein sollte zur Beendigung des Verfahrens – auf ein Mindestmaß reduziert werden kann, was jedenfalls im Sinne des Mandanten ist.